Donnerstag, 12. August 2010

die Krankheit ohne Namen

vor zwei wochen habe ich mit meinem cousin J getelefoniert. unter anderem fragte ich, wie ueblich nach dem Befinden seiner Familie, dass heisst wie meinem Onkel T, meiner Tante T und meinen Cousins S und U ging. Alles war wie immer. Onkel T hatte seit kurzem schmerzen am linkem unterarm, schon seit laengerem und deshalb war man beim arzt und der hatte ein roentgen veranlasst. und auf dem roentgenbild war etwas unklares gewebeartiges um den unterarmknochen herum zu sehen. daher wurde um sicher zu gehen zu einer gewebeprobe geraten. der termin war fuer anfang naechste woche festgelegt.

... was der schlimmste fall sein koennte wussten wir beide, sprachen aber beide nicht davon.
das thema wurde gewechselt, wir redeten von anderern neugikeiten und legten auf, wir hoeren uns naechste woche wieder.
indem wir nicht einmal ueber "einen verdacht" sprachen, existierte diese moeglichkeit einfach gar nicht fuer uns.

ich rief eine woche spaeter an. die op war vorueber, das ergebnis wusste man noch nicht. Onkel T war schon wieder munter von der op, hatte immer noch armschmerzen.
ich gebe zu, ich wollte beruhigt sein. ich bin ein pessimist, es faellt mir schwer immer positiv zu denken. Onkel T ist der um 2 jahre aeltere bruder meines vaters, er ist und lebt um einiges gesuender als mein vater. ich habe ein gutes verhaeltnis zu ihm. er ist ein herzsguter mensch.

... in meinen Gedanken hatte also schon eine loesung bereit fuer seine "situation"
wenn es wirklich diese krankheit waere, dann kann es gutartig oder boseartig sein
... genau, wenn es gutartige war, so waere "das problem" mit einem einfachem eingriff erledigt. schliesslich war es am arm, also nicht einmal an einer empflindlichen stelle .... genau soviel ahnung hatte auch ich ...
und so beruhigte ich mich selbst mit der "von mir erstellten diagnose + behandlung"

ich rief am naechsten tag an, eigentlich nur um mich bestaetigt zu hoeren.
J sagte mir nicht was die diagnose war. er meinte nur, der arzt hat gesagt, wir muessen herausfinden wo der Ursprungsort ist.
und obwohl ich verstanden hatte, fragte ich nach: "es vermehrt sich also...?",
in der hoffnung die frage anders formuliert, eine andere antwort zu bekommen.

ich benutzte das wort "es", denn ich wollte "es" nicht ausprechen.
...wuerde ich "es" aussprechen, dann haette die Krankheit von Onkel T einen Namen, und mit dem Namen auch einen vorbestimmten Lebensverlauf
.... und nein, dass kann ich nicht zu lassen. ich sprach /spreche das wort nicht /nie aus.
und in den darauf folgenden tagen als ueber weitere untersuchungen und therapie-moeglichkeiten sprachen, fiel nie das "zerstoerende Wort", von beiden seiten nicht.


und auch heute, meinem Onkel T geht es von Tag zu Tag schlechter, wagen wir es nicht.
"die Krankheit ohne Namen" verbreitet sich, man hat den Ursprung gefunden, und noch paar andere Stellen, die Schmerzen "verbreiten" sich nun auch und werden immer schlimmer ...

J hat bis jetzt noch nie den Namen der Krankheit ausgesprochen. und ich auch nicht. ich denke es hilft uns beiden, nicht zu verzweiflen und moeglichst "normal zu sein", so zu tun als waere diese eine ganz "normale Krankheit", die man einfach nur zu behandeln braucht und dann ist alles wieder gut.